06.01.2014

Ein glückloser Buchstabe sorgt weiter für Verwirrung

ß

Das \"Eszett\" ist der unglücklichste Buchstabe im Alphabet: ohne eigenen Platz im Abc, im Ausland beharrlich als \"b\" gelesen, nicht einmal im Deutschen stimmt sein Name.

Denn das ß steht ja gar nicht für den Laut \"sz\". Es ist ein stimmloses \"s\" – für diesen Laut sorgen auch die Buchstaben s und ss. Weshalb es 1996, bei der großen Rechtschreibreform, konsequent gewesen wäre, das ß ganz rauszuschmeißen. Doch mit Konsequenz hatte es diese Reform nicht so – deshalb behielt man das eigentlich überflüssige, nur aus alten Verschriftungstraditionen zu erklärende ß, begrenzte aber seinen Aufgabenbereich: Es kommt nur noch nach langem Vokal sowie nach Diphthong.

So einfach, so verwirrend – und so typisch für die gesamte Rechtschreibreform, die bis heute kein Mensch versteht. Fast 20 Jahre nach der Reform schwanken wir noch wie benommen durch die Orthografie, schreiben mal groß, mal Klein, trennen, was vielleicht zusammen gehört, schicken weiter Gruss und Kuß, wagen uns auf mißliebige Paßstrassen, und ß-Opfer Philipp Missfelder wird stets falsch zitiert. Klare Prognose: Auch 2014 werden wir das ß nicht begreifen. Und niemand wird sich finden, der im Rechtschreibchaos endlich aufräumt. Was bleibt, ist Murkß.

Quelle: Welt am Sonntag
Link: http://www.welt.de/print/wams/politik/article123421345/ss.html

Die Quelldatei zu diesem Ausdruck finden Sie unter
http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=196