01.08.2005


Theodor Ickler

Lehramt

Bisher haben wir an die Universitäten nur selten gedacht

Zu selten. Vielleicht weil die Freiheit der Forschung und Lehre uns dazu berechtigt, die Rechtschreibreform zu ignorieren. Meine Studenten dürfen keine Texte in Neuschrieb abliefern, weil das ihre Qualifikation als Germanisten in Frage stellt. Aber nun kommt allmählich die Frage auf Hochschullehrer zu, wie sie es mit Lehramtskandidaten halten.
In der Zeitung lese ich, daß sie auf Neuschrieb Wert legen, wie die Prüfungsämter es verlangen, und ich erwarte nach den bisherigen Erfahrungen nicht, daß auch nur ein einziger Professor aufbegehrt. Ich werde allerdings meine Prüfungsberechtigung zurückgeben, wenn es in Bayern soweit kommt.
Aber man muß sich das einmal vorstellen: Germanistikprofessoren lehren, daß in "Pleite gehen", "Recht haben", "heute Abend" usw. Substantive vorliegen! Sie glauben es zwar nicht, aber sie dürfen nichts anderes sagen, oder? Dürfen und werden sie sagen: "Das ist zwar nicht richtig, aber für Schüler ist es gut genug; der Staat hat es so angeordnet, und schließlich: Ich werde der Norm gehorchen, weil sie die Norm ist."?
Schwierige Fragen. Gibt es einen Journalisten in Deutschland, der sich der Sache einmal annimmt?


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