13.10.2009 Theodor Ickler Fremde Wörter und SprachenFundstückeIn der Süddeutschen Zeitung bespricht der Germanist Schings ein Buch von Safranski: mit aufgepflanztem Soupçon, malcontente Anwandlungen, Safranski vivifiziert das klassische Weimar. Der Verfasser ist anscheinend der Meinung, daß sich so feine Gedanken unmöglich auf deutsch ausdrücken lassen.Ein bißchen anders machte es Martin Mosebach gestern in der Lobrede auf Henscheid (Jean-Paul-Preis): der unversöhnliche Thersitide von Amberg. Wenn Sie unter Google nachsehen, was ein Thersitide ist, werden Sie just dieses Zitat finden, es ist ein echtes Hapaxlegomenon. In meinem Wohnort dürfte es kaum fünf Leute geben, die sich darunter etwas vorstellen können. Ich kann es zufällig, aber gerade deshalb finde ich den Ausdruck, auf den zu lobenden Henscheid gemünzt, nicht sonderlich passend. Abgesehen davon: Was denkt sich Mosebach dabei, solche Wörter zu verwenden, die geradezu nach einer Jean-Paulschen Fußnote verlangen? Will er seine Zuhörer beschämen oder einfach Eindruck schinden? Die SZ stellt auf ihrer Seite "Schule und Hochschule" die neue Münchner Fakultät "School of Education" vor, aber Tanjev Schultz scheint den Gründungsdekan Manfred Prenzel nicht gefragt zu haben, warum sie einen englischen Namen hat. Immerhin werden deutsche Lehrer für deutsche Schulen ausgebildet, und die Unterrichtssprache scheint auch nicht Englisch zu sein. In Vorahnung der Wunderdinge, die da kommen werden, würde ich den Namen "Hogwart School of Education" vorschlagen. Auf derselben Seite wird das Schulprojekt der Quandt-Stiftung vorgestellt: "Trialog der Kulturen". Naja, das ist wohl nicht mehr zu ändern. Gruner + Jahr testet neue Männerzeitschriften. Sie tragen so schöne Titel wie „Gala Men“, sind aber durchweg deutschsprachig. Ein anderes Magazin heißt „Beef!“ und handelt vom Essen (Titelgeschichte „Das beste Steak der Welt“). In einem an sich unbedeutenden Internet-Beitrag lese ich: "In Anknüpfung an historische Vorläufer wie Schlegel, Humboldt, Gabelentz, Brugmann, Bopp, u.a. (vgl. Lehmann 1995: 1 ff.) war es der französische Linguist Antoine Meillet, der im Jahre 1912 mit seinem bahnbrechenden Artikel "L'evolution des formes grammaticales" als erster den Terminus 'grammaticalization' (ebd.: 133) einführte, dabei drei Wortklassen unterschied ("mots principales", "mots accessoires" und "mots grammaticales"), Theorien, Prinzipien und Prozesse (z. B. Gabelentz Theorie der 'Agglutination') der Grammatikalisierung ausformulierte und den Begriff 'Grammatikalisierung' somit in der Linguistik terminologisch wie inhaltlich etablierte." Tatsächlich steht schon bei dem zitierten Linguisten Christian Lehmann: „Meillet assumes three main classes of words, “mots principales”,“mots accessoires” and “mots grammaticales”, between which there is a gradual transition.“ (Thoughts on grammaticalization, auch im Internet) Quandoque bonus dormitat Homerus ... Der Fehler könnte übrigens aus "classes/suites de mots principales/grammaticales" entstanden sein.
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