22.10.2008


Theodor Ickler

Wichtigkeit

Ein neues Wörterbuch von Wahrig

Nun hat Bertelsmann zusammen mit Cornelsen ein "Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache" herausgebracht – der Titel ist identisch mit dem des Langenscheidt-Produkts. Hier einige erste Beobachtungen:


(Ich habe diesen Eintrag am 24. 10. noch ein bißchen erweitert.)


Einleitung von Britta Hufeisen über Unterricht Deutsch als Fremdsprache

"Die Frage nach der Rolle und Wichtigkeit von Grammatik wird von verschiedenen Personen unterschiedlich beantwortet. Die Antworten sind davon abhängig, ob diese Personen die Grammatik für wichtig erachten oder nicht." (19)
(Wer hätte das gedacht! Aber so geht es weiter: trivial bis zum Tautologischen.)

„...das Goethe Institut, welches Schulen betreut ...“ (18)
Das ist nicht die eigentliche Aufgabe des Goethe-Instituts (das sich mit Bindestrich schreibt); hat Hufeisen an die doch recht marginale Pädagogische Verbindungsarbeit gedacht?

morgen früh/Früh (nur unter früh, nicht auch unter Früh verzeichnet; das amtliche Regelwerk weiß bekanntlich sowieso nichts von dieser Großschreibung)

selbständig wird als orthographische Variante von selbstständig angeführt, letzteres ist Hauptstichwort. Selbst soll „Pronominaladverb“ sein (Kasten). Aber gleich danach heißt es „Pronominaladjektiv“. In der Tabelle S. 23 ist selbst „Pronomen“.

bis soll eine Präposition mit Akkusativ sein, es wird aber kein einziges Beispiel für diese Konstruktion gegeben.

*Sie gibt einen guten Rat – das soll falsch sein, weil ein Mitspieler fehlt. (28)

Possessivpronomen und Possessivartikel werden nicht unterschieden, daher ist die Behauptung, das Possessivpronomen könne sowohl Begleiter als auch Stellvertreter eines Substantivs sein, falsch (29). Ebenso ist es mit kein und keiner. Außerdem wird hier in einem blau unterlegten Kasten zu kein/nicht behauptet: „In den folgenden Fällen sind sowohl nicht als auch einen betont: Wir haben nicht einen Storch gesehen. Wir sind nicht einen Abend allein gewesen.“ (573)
Das ist offensichtlich falsch, die Negation wird nicht besonders betont.

Modalverben sollen den Bedeutungsgehalt eines Vollverbs modifizieren. Demnach wäre laufen wollen eine Art von Laufen (28). In Wirklichkeit ist es umgekehrt.

Unter den vielen Arten, eine Datumsangabe zu schreiben, fehlt die geläufigste: 7. 4. 1944.

Thomas Manns Roman heißt nicht Die Buddenbrooks (256).

Unter Einträgen wie „fleischfressend, auch: Fleisch fressend“ steht regelmäßig „Adj.“. Aber wie kann Fleisch fressend eine Wortart haben, wenn es nicht einmal ein Wort ist?

Der Kasten zu kennen/wissen (576) enthält sehr unbeholfene Umschreibungen, das Entscheidende ist nicht klar erkannt.

Zu hin und her heißt es wie üblich, hin bedeute die Richtung vom Sprecher weg (508). In Wirklichkeit bedeutet es: in Richtung einer genannten oder gegebenen Größe.

haltbargemachte Milch (unter Vollmilch) – so weitgehende Zusammenschreibung ist wohl nicht vorgesehen.

In einem Info-Kasten wird zwischen general und generell differenziert. Das scheint unnötig, weil general- nur als Bestandteil von Zusammensetzungen gebraucht wird.

Zu irrewerden wird als orthographische (!) Variante irrwerden angeführt, zu Böe usw.

Über Weihnachten: „In den Familien werden an Weihnachten Kekse gegessen, die man im Advent selbst gebacken hat.“ – Meiner Ansicht nach spricht man hier eher von Plätzchen. (Weihnachtsplätzchen ist auch verzeichnet, Weihnachtskeks nicht.)

Spargel wird erklärt als „Gemüsepflanze mit weißen Stängeln“, aber das erste Beispiel ist grüner Spargel.

Nichts Neues also.


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