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07.01.2005
 

„How can an educated person write so badly?“
Das schlechte Englisch der Engländer

In Deutschland werden Anglizismen als störend empfunden, in England Amerikanismen.

Bücher zum Thema Sprache sind in England auffällig erfolgreich. Sprache ist Heimat, meint der Philologe Richard Jenkyns, und wie die einen mit ihr umgehen, tut den anderen nun einmal weh. „The feeling is abroad that government and society are hostile to high culture, or at least uneasy with it“.



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Kommentare zu »„How can an educated person write so badly?“«
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Kommentar von Helmut Jochems, verfaßt am 08.01.2005 um 15.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=177#154

Einen Unterschied zwischen der englischen und der deutschen Situation sollte man nicht übersehen. Richard Jenkyns beklagt den Sprachverfall auf der Ebene des tatsächlichen Sprachgebrauchs. Den gibt es bei uns natürlich auch. Was uns jedoch noch mehr in Rage bringt, ist die amtlich dekretierte Sprachverhunzung, der in den übrigen europäischen Nationalsprachen durch den zuverlässigeren Bürgersinn ihrer Sprachgemeinschaften ein Riegel vorgeschoben ist. Andererseits ist die Situation bei uns aber dadurch komplizierter, daß die herkömmliche deutsche Orthographie wegen ihrer Überregulierung ebenfalls so problembehaftet ist, wie man es anderswo nicht kennt. Burkhard Müller-Ulrich hat vor einem Jahr die deutsche Situation auf den Punkt gebracht:

Inzwischen gibt es keine Rechtschreibung mehr, sondern nur noch Varianten. Jeder hat seinen eigenen Stil, und wir alle haben ein gewissermaßen postmodernes, dekonstruktivistisches Verhältnis zu Orthographie und Grammatik entwickelt. [...] Wir erleben das Fiasko der Rechtschreibereform also auch als Befreiung von einem Zwang, und dies allein erklärt, warum so viele auf das Ganze mit heiterem Achselzucken reagieren. Wahrhaftig, mag man sich über die Privatisierung der deutschen Orthographie schon lange nicht mehr mit der eigentlich gebotenen Intensität erregen. Man ist allgemein des Themas müde. Wer es trotzdem noch aufgreift, zeigt Züge von Verschrobenheit. Wahrscheinlich ist es dieser Stich ins Bedenkliche und Verrannte, weswegen die Rechtschreibreform-Gegner von vornherein auf verlorenem Posten standen. Ihr philologischer Eifer wirkte irgendwie komisch und schien dem verbissenen Treiben des Reformklubs, der nur noch mit sich selbst beschäftigt ist, zu entsprechen.

Dies sagt übrigens kein Befürworter der Rechtschreibreform. Was immer in diesem Jahr geschieht, es wird komplizierter sein, als es sich die Streitenden auf beiden Seiten jetzt vorstellen. Eines sollte aber als gemeinsame Überzeugung gelten: Wahrhaftig, wir haben andere Sorgen, aber der Sprachverfall ist eben eine Sorge mehr.



Kommentar von Helmut Jochems, verfaßt am 07.01.2005 um 22.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=177#153

Hans Joachim Meyers "kulturvolle" [mein Wiederbelebungsversuch des inzwischen untergegangenen ostdeutschen Adjektivs] Sicht der Sprache hat ihr Gegenstück in Ansichten, die Richard Jenkyns (Oxford) gerade seinen Landsleuten ins Stammbuch geschrieben hat:

We should learn educated English, as we should learn to spell, if only because it is a certificate of competence. [...] But there is a nobler reason for knowing the rules, and that is that it enables one to speak more variously and effectively. Language does more than inform: there are occasions when it should be sonorous, poetic, dignified or inspiring; and at times it needs to be blunt and coarse. [...] But there are grounds for being cautiously hopeful. I suspect that behind the fuss about grammar, spelling and cliché there lies a larger uneasiness. The feeling is abroad that government and society are hostile to high culture, or at least uneasy with it; that anything demanding has to be simplified or smoothed out ("accessibility" is the weasel word here); that no serious matter can now be treated seriously, the malaise summed up in the phrase "dumbing down." [...] Civilisation was popular, and something of the same kind could be popular again now, for there is in the land a hunger to be more serious. The hungry sheep look up, and it is time for them to be fed; why, there might even be money in it.

Hierzulande sollte man erkennen, daß Sprachverwilderung kein ausschließlich deutsches Phänomen ist. Man beachte den Hinweis, daß die mit sozialer Rücksichtnahme begründete Simplifizierung der Sprache auch anderswo ihre Anhänger hat. Was bei uns fehlt, ist Jenkyns' verhaltener Optimismus, freilich auch der allgemeine "hunger to be more serious". Wir sollten für die Lösung unseres speziellen Problems nicht so sehr auf den Sinneswandel einiger weniger Politiker hoffen, sondern auf die Vernunft der Deutschen setzen, sich von niemandem ihre Sprache ruinieren zu lassen - selbst wenn es nur um ein paar absurde Schreibungen geht.




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