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15.02.2006
„Bollwerk bricht“
Rheinischer Merkur feiert schon mal das Einknicken der F.A.Z.
Als Vorabmeldung verbreitet die katholische Wochenzeitung eine Äußerung des F.A.Z.-Herausgebers Frank Schirrmacher.
»FAZ« verabschiedet sich von alter Rechtschreibung 15.02.06 - 11:22, akt.: 15.02.06 - 11:31
Berlin (rpo). Die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« hatte sich im Jahr 2000 als erste in Deutschland entschieden, zur alten Rechtschreibung zurückzukehren. Seitdem galt sie als eine Art Bollwerk des Widerstands gegen die neuen Regeln. Jetzt soll damit Schluss sein, man will die Empfehlungen des Rechtschreibrates unter Leitung von Hans Zehetmair übernehmen.
»Zehetmair hat eine großartige Leistung vollbracht, indem er wiederherstellte, was wirklich untragbar war. Die 'FAZ' wird sich diesen Vorschlägen anschließen können«, sagte Mitherausgeber Frank Schirrmacher der Wochenzeitung »Rheinischer Merkur«. Er halte die Vorschläge des Rates »in großen Teilen für vernünftig«.
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Kommentar von R. M., verfaßt am 15.02.2006 um 13.20 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=403#2943
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Man merkt der Meldung an, daß sie nicht wirklich autorisiert ist. Die Wiederherstellung des Untragbaren?
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Kommentar von Tobias Bluhme, verfaßt am 15.02.2006 um 14.28 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=403#2944
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Ist sich die FAZ (und ebenso einige andere Zeitungen) bewußt, wieviele Abonnenten allein aus Protest kündigen würden?
Die klassisch erscheinenden Tages- und Wochenzeitungen haben ja im vergangenen Jahr gegen den Trend gerade auch Abokunden hinzugewonnen. Das stünde mit der Einführung der Reformreformschreibung alles auf dem Spiel.
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Kommentar von R. M., verfaßt am 15.02.2006 um 14.43 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=403#2945
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Es gibt, wie aus der Redaktion bestätigt wird, keinen Herausgeberbeschluß in dieser Sache. Die Meldung gibt also bestenfalls die unmöglich formulierte Privatmeinung eines der fünf Herausgeber wieder.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.02.2006 um 14.49 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=403#2946
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Zehetmair hat während jeder Sitzung des Rates für deutsche Rechtschreibung durchblicken lassen, daß er in Kontakt mit den Herausgebern der widerspenstigen Zeitungen steht und daß diese ihm zugesichert haben, einem tragbaren Kompromiß des Rates folgen zu wollen. Es ist möglich, daß er diese Zusicherung in der Tasche hatte, als er unter Verstoß gegen das Statut des Rates die fälligen Anhörungen absagte, ebenso zwei weitere Sitzungstermine, und das ganze Verfahren unerhört beschleunigte (um zugleich Krokodilstränen über den Zeitdruck zu vergießen). Allerdings wissen die Zeitungsunternehmen noch gar nicht, was sie sich da eingehandelt haben, können es gar nicht wissen. Vielleicht hat Zehetmair das Interesse der Schüler geltend gemacht, es spielt eigentlich keine Rolle mehr. Die "großartige Leistung" besteht auf jeden Fall darin, daß Zehetmair nochmals schwere Schuld auf sich geladen hat. Eigentlich muß er selbst hoffen, daß noch etwas schiefgeht, denn wie könnte er damit leben, daß die künftige Rechtschreibung ein für allemal seinen Namen tragen wird?
Klar ist, daß die Oberklasse der Ratsmitglieder, also neben der Geschäftsführung und die Wörterbuchverlage sowie die DASD, Zehetmairs Hätschelkind, jederzeit über den Stand der Dinge informiert gewesen sein müssen. Sie machten schon immer den Eindruck, als seie sie ihrer Sache (ihres Sieges) sehr sicher. Die Wörterbuchverlage haben dazu allen Grund. Das Dudenprivileg ist aufgehoben, An seine Stelle trat die Privilegierung von Duden UND Bertelsmann. Beide zusammen werden die Staatsorthographie nicht nur umsetzen, sondern sie machen sie weitgehend selbst. Die Redaktionen sind beauftragt, all die tausend Einzelfragen, die der Rat offengelassen hat (wo bleiben die getilgten Wörter "Handvoll", "jedesmal" usw.?), nach eigenem Belieben zu entscheiden. Der Rat wird keine Gelegenheit mehr haben, dazu Stellung zu nehmen - und will es ja auch gar nicht.
Nun, wir lassen uns nicht beirren und werden jetzt die Hintergründe sieser skandalösen Geschichte um so schonungsloser aufdecken. Ich habe aber der FAZ schon mal meine bedingte Kündigung zukommen lassen. Ich habe das Blatt während jenes annus horribils nicht gelesen und kann auch in Zukunft darauf verzichten. Die Zehetmairsche Orthographie tue ich mir nicht an und meinen Kindern auch nicht.
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Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 15.02.2006 um 14.56 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=403#2947
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Auf zum letzten Gefecht
Der Große Vorsitzende und die KMK wissen genau: Dies ist die auf lange Zeit letzte Gelegenheit, die widerspenstigen Zeitungen zum Umfallen zu bringen. Der Druck wird in den nächsten Tagen gewaltig zunehmen, und man wird viel von "Vernunft", "Rechtschreibfrieden" und - vor allem - von "Verantwortung" gegenüber den armen Schülern hören. Unterwerfen sich die angesprochenen Presseorgane, so degradieren sie sich endgültig zu willigen Werkzeugen der Kultusbürokratie. Da werden alle Bemäntelugsversuche nichts nützen
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Kommentar von Klaus Malorny, verfaßt am 15.02.2006 um 16.43 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=403#2948
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Die FAZ schreibt in FAZ.NET:
Dementi
Kein „Schwenk” der F.A.Z. in Sachen Rechtschreibung
15. Februar 2006 Einige Vorschläge, die der vom früheren bayerischen Kultusminister Hans Zehetmair (CSU) geleitete Rechtschreibrat unterbreitet hat, stellen die alte Rechtschreibung wieder her, zu der die Frankfurter Allgemeine Zeitung schon im Jahr 2000 zurückgekehrt ist. Nur dafür wurde Hans Zehetmair von F.A.Z.- Mitherausgeber Frank Schirrmacher gelobt. Die F.A.Z. wird auch die weiteren Vorschläge des Rats für Rechtschreibung sorgfältig prüfen. Medienberichte, die einen „Schwenk” der F.A.Z. in Sachen Rechtschreibung unterstellen, entsprechen nicht den Tatsachen.
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Kommentar von Bildungsklick, verfaßt am 15.02.2006 um 17.33 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=403#2950
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Auch die FAZ bald mit „dass“
Zeitung akzeptiert Vorschläge des Rechtschreibrats
15.02.2006
(bikl) Jetzt verabschiedet sich auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung von der alten Rechtschreibung. Im Jahr 2000 hatte die Tageszeitung als erste in Deutschland entschieden, zur alten Rechtschreibung zurückzukehren.
Jetzt brechen offensichtlich neue Zeiten an, man will die Empfehlungen des Rechtschreibrates unter Leitung von Hans Zehetmair übernehmen.
"Zehetmair hat eine großartige Leistung vollbracht, indem er wiederherstellte, was wirklich untragbar war. Die 'FAZ' wird sich diesen Vorschlägen anschließen können", sagte Mitherausgeber Frank Schirrmacher der Wochenzeitung "Rheinischer Merkur". Er halte die Vorschläge des Rates "in großen Teilen für vernünftig".
[Der Bildungsklick brachte später auch das Dementi.]
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Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 15.02.2006 um 17.34 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=403#2951
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Unwillkürlich fragt man sich, ob da Fernsteuerung am Werke war...Das riecht doch sehr nach gezielter Falschmeldung. - F. Schirrmacher hat die Sache vom Kopf auf die Füße gestellt: Nicht die KMK sagt der freien Presse, wie sie zu schreiben habe, sondern die souveränen Herrscher im Reich der Sprache geben die Richtung vor, prüfen, was da noch kommen mag - und verwerfen es, wenn es ihren Vorstellungen von guter Orthographie nicht genügt.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.02.2006 um 06.04 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=403#2968
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Anmerkungen zu Hans Zehetmairs Interview mit dem Rheinischen Merkur
»Der [Rat für deutsche Rechtschreibung] wurde ins Leben gerufen, weil die Kommission für deutsche Rechtschreibung, die Vorgängerin des Rates, sich zu stark vom Sprachgebrauch der Menschen entfernt hatte.«
Anscheinend verwechselt Zehetmair die Kommission mit dem Internationalen Arbeitskreis, der die Reform ausgearbeitet hatte. Die Kommission war ausschließlich mit Reparaturarbeiten beschäftigt. Die mehrmals beteuerte Überzeugung, daß die Politik nicht in die Sprache eingreifen sollte, wird durch Zehetmairs tatsächliches Verhalten dementiert. Er unterwirft sich dem Druck der KMK und liefert die Schriftsprache aufs neue den Politikern aus.
»Als ich 1986 Minister wurde, war das schon im Gang; ich wurde nicht gefragt, ob ich zustimme. (...) Man wollte auch den Heiligen Vater kleinschreiben! So habe ich 1995 gesagt, solange der Katholik Zehetmair Kultusminister in Bayern ist, werdet ihr es nicht hinkriegen, dass der Heilige Vater kleingeschrieben wird und der Schwarze Peter groß.«
Das Reformgerede von 1986 hat nichts mit der Reform von 1996 zu tun. Zu jedem Zeitpunkt hätte der Minister die Reform verhindern können. Sie wurde in Bayern besonders früh und mit aller Härte in die Schulen gedrückt. Der Scherz mit dem »heiligen Vater« und »Schwarzen Peter« gehört zum Standardrepertoire Zehetmairs, der schon seine Landtagsrede und die Diskussion dazu im Herbst 1995 mit solchen Späßen schmückte (das Protokoll verzeichnet zwölfmal »Heiterkeit«). Dieser Unernst ist ein Hauptgrund der gegenwärtigen Misere.
»Ich habe nicht zugelassen, dass die Philosophie mit f geschrieben wurde, dass die Apotheke ihr h verlor. Ich habe gerade bei aus dem Griechischen kommenden Wörtern gesagt: Eine solche Entstellung der Sprache mache ich nicht mit. Da hat man diese 30 Korrekturen, die ich benannt habe, vorgenommen, und damit glaubte ich in etwa, das Wichtigste erledigt zu haben. Ich habe nicht registriert, dass dann Stengel mit ä geschrieben werden sollte, das Quäntchen Glück, gang und gäbe und so weiter.«
Als Zehetmair eingriff, stand die Eindeutschung von »Philosophie« nicht mehr auf dem Programm der Reformer. Inzwischen hat der Altphilologe die viel schlimmere bildungsfeindliche Silbentrennung bei Fremdwörtern hingenommen und noch Ärgeres. Die Etymogeleien will er überhaupt nicht mehr angehen. Übrigens hat sich bei »gang und gäbe« nichts geändert. Man fragt sich, wie Zehetmair immer wieder auf Beispiele kommt, die noch nie in der Diskussion waren. Seit dem Spiegel-Gespräch 1995, als er seine Unkenntnis der Reform noch kokett eingestand, hat er sich offenbar nicht näher damit beschäftigt; das merkt man ihm auch im »Rat« und während der Pressekonferenzen an. Es wäre eine kleine Mühe, zumal es hilfreiche Kommentare gibt (von mir beispielsweise). Stattdessen verbringt Zehetmair seine Zeit damit, mit anderen Politikern zu verhandeln und Zeitungsunternehmen einzuseifen.
»Ich bin ganz sicher, dass es sich letztendlich, auf Jahrzehnte gesehen, kein Printorgan leisten kann, eine völlig andere Rechtschreibung zu handhaben.«
Zehetmair glaubt inzwischen, die »Gazetten« (dieser Ausdruck wird im Deutschen nur abschätzig gebraucht) in der Tasche zu haben. Nur deswegen konnte er auch den Verfahrensfehler riskieren, die zweite statutengemäße Anhörung abzusagen; sie schien ihm nicht mehr notwendig, wenn erst alles unter Dach und Fach wäre. Schon in früheren Beiträgen (u. a. in der F.A.Z.) stellte er die widerspenstigen Zeitungen als die eigentlichen Störenfriede dar.
»Ich konnte ja nur dann Korrekturen durchbringen, wenn ich eine Zweidrittelmehrheit bekam.«
Zehetmair selbst hat nichts »durchgebracht«, sondern der Rat hat unter seiner Moderation ein Minimum an Änderungen beschlossen, die von der beherrschenden Verlagslobby gerade noch hingenommen werden konnten oder schon durch die fast unbekannt gebliebene Revision von 2004 auf den Weg gebracht waren. Sich eine Zweidrittel-Beschränkung genehmigen zu lassen war sogar die erste Tat des Rates gewesen, weil damit eine wirksame Sperre gegen weitreichende Änderungen errichtet werden konnte. All dies geschah mit Billigung des Vorsitzenden.
»Und wenn Sie ein Gremium mit vielen Professoren, mit Sprachwissenschaftlern und Didaktikern haben, ist es sehr schwierig, die in einen Konsens zu bringen und in eine Zweidrittelmehrheit, zumal eine Reihe von Persönlichkeiten dabei ist, die frühere Vorschläge der Kommission, die es jetzt zu korrigieren galt, selber eingebracht hatten.«
Wie schon in der Pressekonferenz nach der achten Sitzung macht Zehetmair die Wissenschaftler für die Probleme verantwortlich. In Wirklichkeit sind es die Interessenvertreter und Verbandsfunktionäre, die aber von Zehetmair niemals erwähnt, geschweige denn kritisiert werden. Er verwechselt auch wieder die Kommission mit dem Reformarbeitskreis.
»Die Zusammensetzung hat uns die Kultusministerkonferenz vorgegeben. Ich kann darüber als Vorsitzender des Rates nicht befinden. Ich kann nur sagen, dass das die Arbeit nicht erleichtert hat. Und ich analysiere mit gewissem Stolz: Bei den personellen Vorgaben, die man uns gemacht hat, bin ich erstaunt, dass ich in so vielen Fällen Mehrheitsbeschlüsse herbeigeführt habe.«
Die Frage zielte nicht auf die Zusammensetzung des Rates, sondern auf die Selbstbegutachtungen im Rahmen der Anhörungen. Warum hat der Vorsitzende auf deutscher Seite dieselben Verbände um Stellungnahmen ersucht, die schon im Rat vertreten sind und die Textvorlage ausgearbeitet haben? Hierauf bleibt er die Antwort schuldig.
»Wir geben die Wortliste zunächst informell an alle Mitglieder des Rates, sodass sie sich noch kurzfristig zu einzelnen Wörtern äußern können. Ich glaube, die beiden Wörterbuchverlage und unsere Geschäftsführerin werden das so korrekt machen, dass man damit leben kann.«
Selbst wenn die Ratsmitglieder die Wortliste noch vor März 2006 bekommen sollten, wäre ihre Stellungnahme dazu ohne jede Wirkung, weil es kein geregeltes Verfahren mehr gibt. Die neue Liste, auf deren Inhalt der Rat keinerlei Einfluß nehmen konnte, müßte wenigstens den Umfang der alten haben (12.500 Einträge), nach Auffassung der Wörterbuchverlage und aller Sachverständigen aber wesentlich mehr. Sie wird auf jeden Fall zahllose Entscheidungen enthalten, die der Rat nicht fällen konnte oder wollte und auf das Wörterbuch abgeschoben hat, das nun von den privilegierten Verlagen in eigener Regie verfaßt wird. Die Geschäftsführerin hat dazu gar nichts zu sagen, sie ist nicht zu Entscheidungen befugt.
»Unser Dilemma ist, dass alle meinen, man könne alles durch Regelwerke perfekt lösen. Da lobe ich mir doch den alten Goethe, der selber schon gesagt hat, was kümmere ich mich um die Rechtschreibung, ich schreibe das so, wie ich will.«
Durchaus nicht alle, nicht einmal alle Ratsmitglieder, glauben an das perfekte Regelwerk. Goethe überließ die Herstellung einer korrekten (Adelungschen) Orthographie zunehmend seinem Sekretär und legte durchaus großen Wert darauf.
»Es geht nicht darum, ob irgendein Schriftsteller eine kreative Sprachschöpfung findet, das soll er, sondern es geht darum, dass er nicht provokativ wirkend vom dass beginnend bis zum Leid tun et cetera das bewusst anders schreibt, als es gängig ist.«
Diese sonderbare Äußerung wird nicht verständlicher dadurch, daß sie wie das ganze Interview in der törichten Reformorthographie des Rheinischen Merkur gehalten ist. Der Rest des Gesprächs verliert sich in ausweichenden Formulierungen, die schwer interpretierbar sind.
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Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 19.02.2006 um 19.18 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=403#2990
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Der dicke Knüppel
Man solle doch noch einmal über die Äußerung des Herrn Z. bezüglich der Schriftsteller nachdenken. Der Vorsitzende sagt einerseits den Schriftstellern, was sie "sollen" (im Sinne von "sollen sie doch"), nämlich sprachschöpferisch tätig sein. Andererseits sollen sie sich aber nicht einfallen lassen, von der "gängigen" , d.h. staatlich vorgeschriebenen Orthographie abzuweichen. Die totale Gleichschaltung aller öffentlich Schreibenden ist eine conditio sine qua non der Sprachdiktatoren. Z. hat richtig erkannt, daß vielleicht in naher Zukunft, wenn alle Zeitungen sich unterworfen haben werden, tatsächlich die Schriftsteller als letztes Häuflein Widerspenstiger übrigbleiben könnten. Dies kann von einer Kultusbürokratie mit totalitärem Anspruch keinesfalls geduldet werden. Deutlicher konnte der Große Vorsitzende nicht offenbaren, wessen Geschäft er betreibt.
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Kommentar von Egbert Kimm, verfaßt am 02.03.2006 um 10.28 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=403#3146
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Der Merkur hat wohl zu früh gefeiert und Herr Ickler kann noch eine Weile die FAZ lesen. Gegenüber dpa dementierte Herr Schirrmacher umgehend die Meldung des Merkur:
"«FAZ»- Mitherausgeber Frank Schirrmacher betonte am Mittwoch jedoch zugleich, seine Zeitung sehe derzeit keinen Anlass, von ihrer derzeitigen Regelung abzugehen. Die «FAZ» war am 1. August 2000 - ein Jahr nach Einführung neuer Rechtschreibregeln - zur alten Schreibweise zurückgekehrt.
In einem Interview der Wochenzeitung «Rheinischer Merkur» hatte Schirrmacher ausdrücklich die Leistung des früheren bayerischen Kultusministers Hans Zehetmair (CSU) an der Spitze des Rates für Rechtschreibung gelobt: «Zehetmair hat eine großartige Leistung vollbracht, indem er wiederherstellte, was wirklich untragbar war. Die FAZ wird sich diesen Vorschlägen anschließen können.»
Diese Äußerung sei jedoch nicht als Ankündigung eines Schwenks der «FAZ» zu verstehen, sagte er der dpa. Vielmehr fühle sich die Zeitung dadurch bestätigt, dass Zehetmair und der Rat in vielen Punkten zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt seien. «Wir werden in Ruhe prüfen, was jetzt noch alles kommt.» Möglicherweise werde die «FAZ» zu einem späteren Zeitpunkt einzelne Neuerungen übernehmen."
(rhein-main-net)
Grüße
Egbert Kimm
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.09.2013 um 04.46 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=403#9614
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Die „Frankfurter Anthologie“ der FAZ beginnt am 28.9.13 mit dem Wiederabdruck von Gedichtinterpretationen Reich-Ranickis und setzt die Texte in reformierte Rechtschreibung (Heyse) um, wie es sich für ein staatstragendes Blatt gehört. Aber mitten drin verlassen sie die Kräfte, und es geht in Originalorthographie weiter bis zum Schluß. (Ich beziehe mich auf die früh gedruckte Abonnements-Ausgabe, an der man die Geistesmechanik der klugen Köpfe besonders gut beobachten kann.)
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