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30.10.2004
 

Die ethnische Säuberung des Norwegischen
Eine traurige Geschichte

1905 wurde Norwegen unabhängig. Vier Jahrhunderte lang hatte es zu Dänemark gehört, ein knappes Jahrhundert zu Schweden. Ins klassische Norwegisch sind viele Elemente der dänischen Sprache eingegangen. 1938 wurde es verboten.

Seit 1938 haben Beamte, Lehrer, staatliche Rundfunksender und andere Institutionen ein reformiertes Norwegisch zu benutzen. Das klassische Norwegisch soll sterben, weil es zu dänisch ist.



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Kommentare zu »Die ethnische Säuberung des Norwegischen«
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Kommentar von Berliner Zeitung, verfaßt am 24.04.2006 um 01.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=124#3970

»Au, W!
Von Nikolaus Bernau


Es ist eine Meldung am Rande, und doch eine von tiefer Bedeutung: Die Schwedische Akademie hat den Buchstaben "W" in das nationale Alphabet aufgenommen. Eine Sprachrevolution fürwahr, eine der härtesten seit 1906, als eine Rechtschreibreform die Reichssprache gegen alle regionalen Dialekte durchsetzte. Noch Jahrzehnte später wurde diese Reform als größte Verarmung der etwa 125 000 amtlich notifizierte Vokabeln umfassenden Schriftsprache Schwedens beklagt. Nun wird sie bereichert. Um ein W. Zwischen V und X wird es stehen. Begründung der Akademie: "Whisky", "Wok" und "Web" weiterhin mit V zu schreiben oder als Fremdworte gelten zu lassen, das ginge nicht mehr an.

Der Beschluss ist zentralistisch, undemokratisch, entmündigend, sicher sogar sexistisch. Ignoriert werden etwaige Einsprüche der schwedisch sprechenden Finnen, Esten, Kanadier und US-Amerikaner und der Nordlandfans in Deutschland. Stattdessen hat da ein irgendwie zusammengesetztes und keinem Parlament, keiner Ministerpräsidentenkonferenz oder Föderalismusreformkommission, keinem Schriftsteller-, Professoren-, Journalisten- oder Lehrerverband, wahrscheinlich nicht einmal dem Kartell der Wörterbuchverlage verantwortliches Gremium (wann erscheint der erste Roman über diese Untergrundgruppierung?) einfach entschieden, dass die Zeit sich entwickelt und mit ihr die Sprache.

Man stelle sich vor, in Deutschland wäre eine solche Anpassung der Theorie an die Realität notwendig. Etwa die Integration des "å" in unser Alphabet, um das "oah" neuerer Dialekte korrekt schreiben zu können. Wenigstens ein Jahrzehnt Kommissionitis drohte. Glückliches Schweden! Anders ausgedrückt: Setzt die undemokratische, entmündigende, sexistische Duden-Redaktion wieder ein. Und zwar, bevor die Schweden das "Q" wieder einführen, jenen Buchstaben, der 1906 schmählich zu Gunsten des "K" verstoßen wurde.«


( Berliner Zeitung, Montag, 24. April 2006 )



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