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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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Theodor Ickler zu »Delirium«
Dieser Kommentar wurde am 31.05.2025 um 17.49 Uhr verfaßt.

Aus Eislers Kant-Lexikon

Gemüt. „Unter Gemüt versteht man nur das die gegebenen Vorstellungen zusammensetzende und die Einheit der empirischen Apprehension bewirkende Vermögen (animus)“ Üb. d. Organ, d. Seele. An Sömmering 10. August 1795 1. Anm. (VIII 178). „Gemüt“ im Sinne von Bewußtsein (s. d.) an vielen Stellen der „Kritik der reinen Vernunft“. Das Gemüt (animus) des Menschen ist der „Inbegriff aller Vorstellungen, die in demselben Platz haben“. Es hat einen „Umfang“ (sphaera), der die drei „Grundstücke“: Erkenntnisvermögen, Gefühl der Lust und Unlust und Begehrungsvermögen befaßt, deren jedes in zwei Abteilungen, das Feld der „Sinnlichkeit“ und der „Intellektualität“, zerfällt („dem der sinnlichen oder intellektuellen Erkenntnis. Lust oder Unlust, und des Begehrens oder Verabscheuens“), Anthr. Ergänz, aus der Handschrift (IV 296).
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Also Denken, Fühlen und Wollen oder Verstand, Gefühl, Wille. Das ist die jahrhundertealte Dreiteilung, manchmal fehlt bei der Inventarisierung des Psychischen das Gefühl. Aber in jedem Fall kann man solche folkpsychologischen Konstrukte nicht mehr wissenschaftlich ernst nehmen. Von einem Pferd zu sagen, es denke, fühle und wolle, wäre lächerlich. Es verhält sich so oder so und ist lernfähig. Seine Intentionalität ist am leichtesten naturalisierbar, seine Gefühle brauchen wir nicht, und sein Denken löst sich in Konditionierbarkeit auf.

Der Wechsel ins Latein dient bei Kant nicht der Klärung, sondern stellt den Anschluß an die Tradition her, hier wahrscheinlich an Christian Wolff und damit an die scholastische rationale Psychologie.


Erich Virch zu »Trüber Morgen«
Dieser Kommentar wurde am 31.05.2025 um 08.56 Uhr verfaßt.

ChatGPT über Pinkers Aufsatz: "Sein Plädoyer lautet: Rationalität, Aufklärung, Empirie statt moralischer Inbrunst." Das tut wohl.


Theodor Ickler zu »Trüber Morgen«
Dieser Kommentar wurde am 31.05.2025 um 05.23 Uhr verfaßt.

Steven Pinkers Kritik an Trumps Feldzug gegen die Universitäten ist um so glaubwürdiger, als er selbst schon lange gegen die Auswüchse der Political Correctness und Cancel Culture polemisiert hat, auch gegen Mißstände an seiner Harvard-Universität. In seinem Aufsatz in der NYT berichtet er darüber. Auch sonst stimme ich Pinker in vielem zu, obwohl ich mir aus seinen (popularwissenschaftlichen) Arbeiten nicht viel mache. Wenn seine Prominenz ihm nun Beachtung verschafft, soll es mir recht sein.


Theodor Ickler zu »Trüber Morgen«
Dieser Kommentar wurde am 31.05.2025 um 05.08 Uhr verfaßt.

Der bekannteste von Carl Schmitts blendenden Sätze ist wohl: „Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet.“ Trump hat, nicht als erster, den nationalen Notstand ausgerufen – nicht sehr einleuchtend in einem prosperierenden Land, dem bis zu seinen „Notstandsmaßnahmen“ die höchste Bonität zugesprochen wurde. Das Handelsgericht hat es auch nicht glauben wollen, aber die Sache ist erst einmal auf die lange Bank geschoben. Ähnlich könnte man von Deutschland sagen, daß ein verhältnismäßig kleines Land, das aber die drittgrößte Wirtschaftsnation und ebenfalls mit „Triple-A“ bewertet ist, nicht gerade auf Rettung in höchster Not wartet. Das Unheil herbeizureden, um sich als Heilsbringer anzubieten, ist allerdings ein uralter Trick.

Man kann Führungsstärke beweisen, indem man etwas durchsetzt, was alle für unvernünftig halten und was auch tatsächlich unvernünftig ist.


Theodor Ickler zu »Ohne große Mühe«
Dieser Kommentar wurde am 31.05.2025 um 04.55 Uhr verfaßt.

„Die Sprachwurzel nō- findet sich nicht nur in nō-men, sondern auch in no-scere, nō-tus, nō-bilis...“ (Werner Jäkel: Einführung in das Lateinische. Frankfurt 1969:10)

Leider nicht.


Theodor Ickler zu »Trüber Morgen«
Dieser Kommentar wurde am 31.05.2025 um 04.52 Uhr verfaßt.

Wer sich bis zur Selbstverleugnung einem Führer angeschlossen hatte, kann nach dem Ende der Beziehung – ob gefeuert oder freiwillig gegangen – leicht zum schärfsten Kritiker werden. Er hat ja etwas mit sich selbst auszumachen, und das ist oft der Hintergrund heftiger Polemik gegen andere (verschobener Selbsthaß). Umgekehrt führt frühere Kritik am Meister nach der Unterwerfung oft zu erhöhter Produktion von Loyalitätsschleim.


Theodor Ickler zu »Kopfrechnen«
Dieser Kommentar wurde am 31.05.2025 um 04.34 Uhr verfaßt.

„Preis von beliebter Knolle explodiert“
Wie in den Medien heute üblich, verrät die Schlagzeile nicht, worum es geht, sondern spannt unsere Erwartung aufs äußerste. Was für eine Knolle mag das sein? Es folgt einer dieser törichten Artikel, die uns in den letzten Tage weismachen wollen, Lebensmittel seien in Deutschland kaum noch erschwinglich. Sogar die Zerschlagung der Discounter (Aldi, Lidl) wird erwogen (SZ 27.5.25). Vorher sollte man richtig rechnen.
„Insgesamt stiegen 2024 die Verbraucherpreise für Lebensmittel um 1,37 Prozent. Im genannten Jahr verzeichneten insbesondere Speisefette und -öle sowie Zucker, Marmelade, Honig, Schokolade und andere Süßwaren einen deutlichen Preisanstieg im Vergleich zum Vorjahr.“ (4.3.25)
Übrigens: „Die durchschnittliche Gewinnmarge im Lebensmitteleinzelhandel liegt in der Regel zwischen 2% und 5%. Einige Quellen sprechen von einer Bruttogewinnspanne von etwa 24,71% und einer Nettogewinnspanne von 1,96%.“
Im gleichen Atemzug werden bessere Einkommen für Angestellten und Landwirte gefordert, außerdem Tierwohlabgaben und andere Aufschläge für Mensch und Umwelt.
Es kommt auf die Kaufkraft an, also wie lange man für ein Produkt arbeiten muß und früher mußte. (Drei Minuten für ein Bierchen – Preußenmaß –, daran hat sich wenig geändert.)
Die beliebte Knolle ist übrigens (Achtung, gleich kommt es!): die Kartoffel! (Und daß die ersten importierten Frühkartoffeln teuerer sind als die vorjährigen aus dem Keller, ist auch kein großer Skandal.)


Theodor Ickler zu »Delirium«
Dieser Kommentar wurde am 31.05.2025 um 04.24 Uhr verfaßt.

Wo Kant auf den „inneren Sinn“ zu sprechen kommt (die wichtigsten Stellen sind in Eislers Kant-Lexikon s. v. „Sinn, innerer“ zusammengestellt und gehören für mich zum Unverständlichsten, was er geschrieben hat), erwähnt er nie die sprachlichen Voraussetzungen. Sie sind für ihn so selbstverständlich, daß er sie nicht bemerkt, geschweige denn als Problem erkennt. Ich habe folgende entwaffnende Stelle aus einem ganz anderen Zusammenhang zitiert: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1419#31718. Weil wir nur eins nach dem anderen sagen können (heute: Linearität der Rede) und weil das Denken ein stummes Sprechen ist, können wir auch nur eins nach dem anderen denken und ist die Zeit die „Form des inneren Sinns“. Der Ort, an dem das stattfindet, ist das „Gemüt“. Man muß sehr weit ausholen, um aus diesem in Jahrhunderten gewachsenen Begriffsgestrüpp herauszufinden.


Theodor Ickler zu »Unsichere Flexion«
Dieser Kommentar wurde am 30.05.2025 um 07.38 Uhr verfaßt.

„...Radtour, die er ohnehin angetreten wäre... Wäre er die Radtour ohnehin angetreten...“ (Johanna Adorjan in SZ Magazin 30.5.25)

Das transitive Verb bildet sein Perfekt mit „haben“. (Das wird im Duden-Eintrag nicht klar gesagt, er erschöpft sich in Beispielen.)


Theodor Ickler zu »Rhetorik«
Dieser Kommentar wurde am 30.05.2025 um 06.04 Uhr verfaßt.

„Die USA erklären Europas Zensurpolitik zum Angriff auf die Freiheit“
Die USA – das ist Rubio, im artigen Gefolge von Vance und Trump.

„Corona: USA empfehlen keine Impfungen für gesunde Kinder und schwangere Frauen mehr“
Die USA – das ist Kennedy jr. (der mit dem Wurm im Kopf)

Gegen Steven Pinker habe ich viel einzuwenden, aber wenn er seinen Ruhm zur wortgewaltigen Kritik an Trump einsetzt, ist es mir recht.


Theodor Ickler zu »Pädagogik vom Tage«
Dieser Kommentar wurde am 29.05.2025 um 06.42 Uhr verfaßt.

„Ich sehe es an meinen Studenten. Die glauben zum Teil alles“
Zu viele Studenten seien an den Hochschulen fehl am Platz, sagt Michael Sommer, Geschichtsprofessor an der Uni Oldenburg. Schon das Lesen von mittelschweren Texten bereite einem Großteil Schwierigkeiten. Er warnt vor einer „Gesellschaft von strukturellen Analphabeten“.
(WELT 26.5.25)

Vielleicht haben sie andere Talente als solche, die für eine historisch-philologische Bildung benötigt werden. Schon die Schule mit ihren Maßstäben von Allgemeinbildung erzieht ja offensichtlich am Bedarf vorbei, sonst würde nicht die Hälfte der jungen Leute ihre „Hochschulreife“ gar nicht für ein Hochschulstudium nutzen. Was die Leichtgläubigkeit betrifft: Während meiner Studienzeit haben viele die plattesten Propagandageschichten aus den kommunistischen Staaten geglaubt. Wie leichtgläubig gebildete Erwachsene sein können, ist hier unter „Niedriger hängen“ dokumentiert. Besonders Berichte aus der Psychologie und Verhaltensforschung (Intelligenz und Sprache von Tieren usw.) werden seit Jahrzehnten unbesehen hingenommen.

Michael Sommer schreibt regelmäßig in „Cicero“ über gegenwärtige Politik und zieht gern Parallelen zum alten Rom. Natürlich greift auch Josef Kraus bei „Tichy“ Sommers Klage gern auf, weil sie mit seinem eigenen Ressentiment bestens übereinstimmt. Ob Schul- oder Hochschullehrer – ich bin immer skeptisch, wenn über die mangelhafte Qualität des Nachwuchses bzw. der zuliefernden Bildungsanstalten lamentiert wird.

Übrigens kann auch ein „struktureller Analphabet“ wie Trump Erfolg haben.


Theodor Ickler zu »Seit Kurzem«
Dieser Kommentar wurde am 29.05.2025 um 05.43 Uhr verfaßt.

Auf diesen Seiten kann man "nach oben" und "nach unten" navigieren. Nach der "universalgrammatischen" Regel des verstorbenen Rechtschreibreformers Schrodt müßten die Adverbien hier groß geschrieben werden, weil die Präposition sie substantiviert. Tatsächlich findet man das in alten Texten sehr oft. Aber die moderne Entwicklung einer textsemantischen Motivierung der Groß- und Kleinschreibung hat das intuitiv anders geregelt. Die Reformer haben es nur nicht verstanden, und darum wird es weder vor noch nach der Reform irgendwo deutlich ausgesprochen (außer in meinem Wörterbuch natürlich). Im Gegenteil: Besonders durch die Einfälle des Reformers Gallmann ist eine schwere Verwirrung eingetreten. Darunter leidet die Rechtschreibsicherheit bis heute. Um auf der sicheren Seite zu sein, schreiben viele vieles groß. Und alles nur weil die Reformer eigentlich die allgemeine Kleinschreibung einführen wollten!


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