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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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21.12.2008
 

Noch mehr Hände voll
„Aus dem Amerikanischen übersetzt“

Patricia MacLachlan: Schere, Stein, Papier. Junge Bibliothek der Süddeutschen Zeitung 2005 (Lizenz Hanser 1994).
Tut mir Leid. Mama hat Recht. – Eine Hand voll Leute gingen hinaus und wandten sich um, um der anderen Hand voll am Kai zuzuwinken. – Ob wir uns wohl wieder sehen? Du wirst sie wieder sehen.

Meine jüngste Tochter hat das Buch wegen besonderer Verdienste von ihrer Schule geschenkt bekommen. Es ist von jener trübsinnigen Art, die ich für geradezu gesundheitsschädlich halte und die naturgemäß gleich auf die Auswahlliste zum deutschen Jugendbuchpreis kommt. Der Gedanke, daß erwachsene Menschen sich hinsetzen und diesen Krampf auch noch in (seither überholte) Reformschreibung umsetzen, schlägt mir zusätzlich aufs Gemüt. Zum Glück trifft es sich, daß unsere Töchter sowieso keine Übersetzungen lesen, wenn es um Englisch geht; das Buch kann also ohne weiteres entsorgt werden. Ich will aber auch hier davor gewarnt haben.



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Kommentare zu »Noch mehr Hände voll«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.03.2022 um 17.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#48716

Schön, mal ein lebensnahes Beispiel zu sehen! In meinem Kritischen Kommentar hatte ich geschrieben (hier ohne Kursive):

E2 (1) schreibt vor: eine Zeit lang. Im Wörterverzeichnis wird dies als Neuerung gekennzeichnet, was sachlich unrichtig ist, denn eine solche Konstruktion war nach der deutschen Grammatik immer möglich. Neu ist hingegen die Tilgung des Substantivs Zeitlang, und sie ist unzulässig. Wie schon im Grimmschen Wörterbuch nachzulesen ist, handelt es sich bei Zeitlang um ein echtes Substantiv; das beweisen Fügungen wie auf eine Zeitlang (Goethe: Dichtung und Wahrheit IV, 19), für eine Zeitlang (Giuseppe Tommasi die Lampedusa: Die Sirene. München 1985:26; Gottfried Keller, Der grüne Heinrich I, 16, Zürich 1960:125). Ebenso verhält es sich mit Handvoll, Mundvoll. Natürlich kann man sagen eine Hand voll oder zwei Hände voll Kirschen essen; man kann aber auch sagen eine Handvoll, zwei Handvoll Kirschen essen; das Pferd fraß noch zwei Handvoll Heu, ein paar Handvoll Erbsen, mit einigen Handvoll schönen Grases. So steht es im Grimmschen Wörterbuch, nebst weiteren lehrreichen Bemerkungen, auch zum Englischen: two hands full und two handfuls. Dabei ist von stilistischen Problemen noch ganz abgesehen, man vergleiche aber: Oft stehen sie noch im Regal, lange nachdem derjenige, der sie geschrieben hat, zu einer Handvoll Staub zerfallen ist. (F.A.Z. 10.2.1996) 1990 trat er mit einer Handvoll Kollegen für Preisgelder ein. (F.A.Z. 2.1.1996) – Hier und in den meisten der rund 250 Beispiele, die sich pro Jahrgang der Tageszeitung finden, ist die Auflösung untunlich. Bei Grimm findet man auch die mundartlichen Varianten hapfel, haffel, hämpfeli, die ebenso wie Hampfel den Übergang zum Kompositum beweisen. – Die Beseitigung des Substantivs Handvoll war in der Fassung von 1995 noch nicht vorgesehen.1 Bei Arm und Mund finden sich auch 1996 keine entsprechenden Einträge. Duden löst Armvoll und Mundvoll auf, Bertelsmann zunächst nur Mundvoll, in der 10. Ausgabe auch Armvoll. Die neuen Plurale sind bedenklich: zwei Arm voll Heu usw. – Gegen die Tilgung spricht auch hier u. a. die Existenz mundartlicher Formen wie Mumpfel, Mümpfele (= Mundvoll), Arfel, Ärfele (= Armvoll). Die Auflösung wäre oft verfehlt: einen Mundvoll Blut (F.A.Z. 9.3.1996); (Der Pavian) biß hinein und riß ein größeres Stück Fleisch und Haut aus dem Körper. Nach einigen weiteren Mundvoll folgte er der Herde (Grzimeks Tierleben Bd. 10, S. 416).
-
Entsprechend dann auch im Kommentar zum Wörterverzeichnis.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 15.03.2022 um 14.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#48714

In meiner Heimatmundart, Erzgebirgisch, gibt es für Handvoll das Wort Hamfel (auch Hamfl/Hanfl). Das läßt sich gar nicht auseinandernehmen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.03.2022 um 06.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#48713

Im Englischen sind die Wortbildungen mit -ful noch ausgedehnter als die deutschen Entsprechungen: a houseful of Girls usw. Niemand würde das mit a house full of girls gleichsetzen. Darauf kommen nur deutsche Rechtschreibreformer.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 16.01.2020 um 15.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#42770

Die neue ss-Schreibung stört mich beim Lesen nicht, aber die neue Getrennt- und Großschreibung läßt mich beim Lesen jedesmal stocken und überlegen, was gemeint ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.01.2020 um 07.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#42766

Die Kultusminister haben sich durch Wiederzulassung herkömmlicher Schreibweisen als angeblich gleichwertiger Varianten aus der Affäre zu ziehen versucht. Dieses feige Verfahren hat, wie oft nachgewiesen, die Schulrechtschreibung nicht erleichtert, sondern zusätzlich unbeherrschbar gemacht. Außerdem hat es natürlich die "Empfehlungen" der Wörterbuchredaktionen auf den Plan gerufen, wogegen Zehetmair und die Seinen im Sinne von Bertelsmann, aber ohne rechtliche Grundlage, zuerst protestierten, bevor sie dann dasselbe taten.

Aber man sehe sich den konkreten Fall an: Handvoll/Hand voll. Das soll dasselbe sein? Das sollte man mal auf den Wikipedia-Eintrag anwenden:

Die Handvoll ist eine Volumeneinheit für Schüttgut, seltener für Flüssigkeiten. Wie die Prise oder die Messerspitze ist sie in der Küchensprache und in der historischen Apothekersprache ein bewusst ungefähres, von den Umständen abhängendes Maß.
Eine Handvoll ist die Menge, die in einer hohlen Hand Platz findet. Der lateinische Begriff manipula für Handvoll ist in das gleich bedeutende historische Apothekermaß Manipel eingegangen. Die Griechische Drachme leitet sich vom Volumenmaß „Handvoll“ her.
Eine doppelte Handvoll (also die Menge, die in den beiden zusammengehaltenen Händen Platz hat), wurde als Gaspe oder Gäspe bezeichnet.

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.12.2012 um 12.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#22228

Also vielleicht auch ein Fuß voll Salz?
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 31.12.2012 um 10.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#22227

Zur Anwendung der Pyromantie teilt Wikipedia mit:

Beispielsweise wird eine Hand voll Salz oder Ähnliches ins Feuer geworfen.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 02.02.2010 um 12.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#15669

Eigentlich muß man dazusagen, daß mit "gitanes" hier nicht das französische Wort für Zigeunerinnen, sondern eine französische Zigarettenmarke gemeint ist, die deutschen Nichtrauchern wohl unbekannt ist.
 
 

Kommentar von Robert Roth, verfaßt am 02.02.2010 um 12.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#15668

-ful ist Suffix, full ist Adjektiv. Helpful, handful; full: having in it all there is space for.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 02.02.2010 um 12.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#15667

Bemerkenswert, daß im Gegensatz zu „full“ die Schreibweise für „fistful“ mit nur einem „l“ auskommt.
Englisch wäre wohl ein ergiebiges Betätigungsfeld für deutschsprachige Logikpäpste ...
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 02.02.2010 um 07.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#15666

PS
Der Originaltitel lautet übrigens Serge Gainsbourg: A Fistful of Gitanes.
Und nicht etwa Serge Gainsbourg: A Fist full of Gitanes.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 02.02.2010 um 07.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#15665

Im Wikipedia-Artikel über Serge Gainsbourg wird unter "Literatur über Serge Gainsbourg" angegeben:
Sylvie Simmons: Serge Gainsbourg – Für eine Hand voll Gitanes. Seeling, Frankfurt am Main 2007

Nanu, sollte der Übersetzer Jens Seeling oder der Heyne Verlag sich wirklich für eine Hand voll Gitanes entschieden haben? Kann eigentlich nicht sein. Denn es geht ja darum, daß Gainsbourg immer eine brennende Zigarette zwischen den Fingern hatte; nicht darum, daß seine Hand Zigaretten bündelweise umklammert hielt. Außerdem der Bezug:
für eine Handvoll Gitanes = für Gitanes
für eine Hand voll Gitanes = für eine Hand

Die Eingabe von Gainsbourg "Für eine Handvoll Gitanes" bei Google ergibt 68 Treffer und die Rückfrage:
Meinten Sie: Gainsbourg "Für eine Hand Voll Gitanes"

Die Eingabe von Gainsbourg "Für eine Hand voll Gitanes" ergibt 65 Treffer und keine kritische Rückfrage.

Man klickt sich in jedem Fall zu Amazon durch, dann sieht man das Buch. Des Rätsels Lösung: Auf der gebundenen Ausgabe steht Für eine Hand voll Gitanes. (Noch 3 Stück auf Lager.) Auf der Taschenbuch-Ausgabe steht Für eine Handvoll Gitanes. (Lieferbar.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.09.2009 um 12.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#14939

Im Gegensatz zu den früheren Werken erscheint der letzte Roman des verstorbenen Roberto Bolano bei Hanser in Reformschreibweise.
Die Übersetzung gefällt mir rein sprachlich auch nicht so besonders.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.09.2009 um 11.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#14920

In der Bücherei meines Urlaubsortes ist mir in die Hände gefallen:
Dan Brown: Illuminati. Bergisch Gladbach 2003 (Bastei Lübbe)
Mehr als ein paar Seiten habe ich von diesem Unsinn nicht lesen können und verstehe nicht recht, warum erwachsene Menschen so ein albernes Fastfood in sich hineinschlingen.
Die Rechtschreibung ist von 1996: hat Recht, tut Leid – Eine Hand voll Techniker eilte auf das Vorfeld.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.01.2009 um 18.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#13706

Danke für die Erinnerung! Der Bericht wurde ja seinerzeit auch hier eingestellt.

Auch heute berichtet die SZ wieder über Hohlmeiers Auftreten in Oberfranken und den enormen Widerstand dort. Aber die Geschichte mit ihrer Kandidatur wird weit über Oberfanken hinaus eine – für die CSU – furchtbare Wirkung entfalten. Es ist unfaßbar, daß Seehofer gleich am Anfang einen solchen Fehler begeht!
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 04.01.2009 um 21.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#13705

Was Wikipedia nicht sagt: Als einige bayerische Gymnasialdirektoren auf die Probleme mit dem von Edmund Stoiber überstürzt und unvorbereitet angeordneten achtjährigen Gymnasium hinwiesen, wurden sie von der Schulministerin Hohlmeier einbestellt und mit Disziplinarverfahren bedroht. Sie wollte dem Ministerpräsidenten unbedingt die problemlose Einführung melden. Ich möchte das als den "Hohlmeier-Stil" bezeichnen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.01.2009 um 12.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#13702

Unsere alte Rechtschreibfreundin Monika Hohlmeier sollte ja mit Gewalt auf den Spitzenplatz der Europaliste geschoben werden, und zwar in Oberfranken, wo sie sich nun eigens eine Wohnung besorgen will. Seehofers Plan ist zwar vorerst gescheitert, aber einen "sicheren Listenplatz" soll sie doch bekommen. Seehofer will auf diese Weise die CSU mit der Strauß-Familie "versöhnen". Die Strauß-Familie besteht aus Privatleuten, es gibt weder eine "First Lady" Hohlmeier (Wiki) noch eine "Landesmutter" (so alle Zeitungen seinerzeit) Marianne Strauß mehr. Der Versöhnungswunsch tönt wie aus Zeiten eines (beleidigten) Königshauses herüber. Es ist anzunehmen, daß das erstaunlich basisfremde Unternehmen der Partei eher schadet, denn so schafsmäßig verhalten sich die Mitglieder ja wohl schon lange nicht mehr. (Der Wiki-Artikel über die gescheiterte Schulministerin ist bei allem Wohlwollen doch sehr aufschlußreich. Die Verdienste um die Durchsetzung der Rechtschreibreform werden leider nicht gewürdigt.)
 
 

Kommentar von Hans-Jürgen Martin, verfaßt am 28.12.2008 um 17.19 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#13658

Zur Getrenntschreibung:
–––––––––––-
Ich benutze seit langem ein eMail-Programm ("The Bat!"), das mir gestattet, meine eMails bereits auf dem Server zu sichten und Unerwünschtes dort zu löschen, also gar nicht erst "downzuloaden". Eigentlich war ich mit der "Fledermaus" bisher halbwegs zufrieden, Anfang des Jahres aber erschien die neue Version 4.0, deren Menüs von unübersetzten englischen Begriffen übersät sind: die Übersetzer hätten dafür noch keine Zeit gehabt.

Einen Tag vor Weihnachten erhielt ich dann eine eMail, deren zweiten Absatz ich den Lesern dieses Forums nicht vorenthalten möchte:

"Die bedeutendste Innovation von The Bat! 4.1 ist die Option zur Erstellung von HTML Vorlagen. In der neuen Version ist eine Erstellung von HTML Nachrichten erheblich vereinfacht. Neben dem normalen Text, können The Bat! Vorlagen Format Attribute, Grafiken, Hintergrundbilder, Tabellen und viele weitere HTML Nachrichten Elemente enthalten."

Nach der Lektüre des letzten Satzes neige ich dazu, den Übersetzern zu empfehlen, ihre Arbeit komplett einzustellen und auf die deutsche Version ganz zu verzichten. Die englische verstehe ich wenigstens ...
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 28.12.2008 um 07.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#13657

"Aus dem Amerikanischen von Matthias Fienbork"

Barack Obama: Ein amerikanischer Traum. Die Geschichte meiner Familie
(Carl Hanser Verlag)

Das Buch enthält jede Menge wörtlicher Rede. Obama läßt alle möglichen Personen zu Wort kommen und miteinander diskutieren, das Buch liest sich über weite Strecken wie ein Roman. Somit tritt auch der Fall Fragezeichen oder Ausrufezeichen + Anführungszeichen + sagte/fragte ... sehr oft auf. Und? Der Übersetzer hat nie das reformiert vorgeschriebene Komma verwendet!

Ansonsten: einerseits heute Abend und der Einzige, andererseits rauh und deplaziert. Natürlich konsequent ss, aber der Rest ist so gemischtrassig wie Obamas Verwandtschaft.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 28.12.2008 um 01.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#13654

noch mehr aus dem "amerikanischen Englisch":
Brian Greene, Der Stoff, aus dem der Kosmos ist, Pantheon 2006

"eine Hand voll Sterne über den Himmel verteilt" (53)
"Sie müssten in der Lage sein, ... sich eine Hand voll bewegungsloses Licht zu greifen, als wäre es frisch gefallener Schnee." (62)
"mit nur einer Hand voll ungeordneter Seiten, bei der nur Seiten im ersten Kapitel ungeordnet sind" (183)
"Wenn Sie eine Hand voll Cents immer und immer wieder in die Luft werfen, ..." (198)
"... wenn es ... eine Hand voll oder nur eine Galaxie gäbe." (200)
"... mit einem Objekt ..., das aus mehr als nur einer Hand voll Elementarteilchen besteht, ..." (490)

"... was daher, wie die Anhänger des Modells meinen, wohl begründet ist." (459)
Selbst aus dem Zusammenhang wird hier nicht eindeutig klar, wie das gemeint ist!
"... der Katalysator, der dafür sorgt, das sich aus dem Quantennebel ein Ergebnis herauskristallisiert"

Und immer wieder, fast alles vielfach (die Liste ist nicht vollständig und nicht nach Vorkommen geordnet):

Ja/ja, Nein/nein sagen,
im Einzelnen/Allgemeinen/Wesentlichen/Übrigen/Besonderen,
(völlig) Recht/Unrecht haben,
außer Acht lassen (gefühlte hundert Mal),
Folgendes,
des Weiteren,
der Einzige, der ...,
so genannte,
genauso gut,
ebenso wenig,
wie viel,
nummeriert,
vorbei fliegender Spaceshuttle,
nahe gelegt,
weit reichend,
weitest reichende Kritik,
nächst liegende Ecke,
nahe liegende Frage
lang ersehntes Ziel,
fern liegendes Anliegen,
vorwärts weisende Richtung,
durcheinander gebrachte Seiten,
tief greifende Interpretation/Veränderung,
Teilchen auseinander gezogen/drängen(d)/gedrängt/zwingen/driften
Potenzial; potenziell tief greifende Unterschiede,
aufeinander folgende Scheiben,
tief im All platzieren,
kennen lernen,
verloren gehen,
wohl begründet/bekannt/definiert,
viel versprechende Hypothese/Vorschlag,
Einflusssphäre, Schlusssatz, Messakt,
rund 10 hoch -42/hundert bis tausend Mal so groß,
die oben stehende Erklärung,
zugrunde liegende Systematik/Einzelheiten/Prozesse/Wirklichkeit,
dazwischen liegender Raum,
hoch entwickelte Geräte,
Gravitationsfeldlinien: Platz, um auseinander zu laufen,
Wellen, die aufeinander stoßen/ineinander laufen,
wo Intuition und mathematische Gesetze auseinander laufen,
in rauen Mengen
immer höherdimensionale Universen,
auf einer noch höherdimensionalen Bran,
auch nur im Entferntesten in der Lage sein,
nicht im Geringsten/Mindesten,
Sciencefiction,
die Stringtheorie nahe zu bringen,
eine Harmonie stiftende Möglichkeit,
eine Entropie steigernde Ereignisfolge,
mit dem Effekt/dieser Möglichkeit/Konzepten/Rätseln auseinander setzen,
eine Reihe der ... meist diskutierten wissenschaftlichen Vorstöße,
Rätsel um Rätsel gelöst und ein Universum offen gelegt,
das Vermögen der Wissenschaft ... zu Tage getreten,
Abweichungen ... zu Tage treten,
das zutage tretende Gefüge der Quantenrealität,
...
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.12.2008 um 05.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#13641

Der Beitrag von Herrn Gerdes wirft wieder einmal die Grundsatzfrage auf: Was ist ein Fehler? Die Reformschreibung kann nicht der Maßstab sein, denn sie führt selbst zu sprachwidrigen, unüblichen und daher falschen Schreibweisen. Der alte Duden ist nicht nur offiziell "entmachtet" (immer bezogen auf die Schule, natürlich), sondern war auch fehlerhaft, wenn man sich am tatsächlichen Schreibbrauch orientieren wollte. In diesem Sinne war wohlfühlen, beiseiteschieben schon zu Dudenzeiten nicht falsch. Mein eigenes Wörterbuch kommt der Schreibwirklichkeit schon näher, aber ich habe immer wieder gesagt, daß es darüber hinaus noch andere Schreibweisen geben kann, die nicht "falsch", sondern nur etwas unüblicher sind.
Auch ich habe das Reformwerk in seinen verschiedenen Fassungen auf der Festplatte, dazu den Duden in mehreren Fassungen und noch manches andere, aber nur aus wissenschaftlichem Interesse. Vor der Reform habe ich keinen Duden besessen ("das dümmste deutsche Buch", Sie wissen schon ...). Ja, Herr Gerdes, es ist schon so, wie Sie sagen, und das war ja auch das frohlockende Programm der Schulbürokraten (und Duden- bzw. Bertelsmannzuarbeiter): Der tägliche Umgang mit dem Rechtschreibwörterbuch müsse für jeden Schüler ("und jede Schülerin") zur Selbstverständlichkeit werden. Wie sehr dieses Ziel dem oft verkündeten Ziel der ganzen Reform, nämlich der Erleichterung des Schreibens, widerspricht, ist den Herren gar nicht bewußt geworden. Das Erebnis war zunächst eine unerhörte Intensivierung des Rechtschreib-Anteils am Deutschunterricht, schließlich aber ein Ermatten und eine große Gleichgültigkeit.
 
 

Kommentar von Martin Gerdes, verfaßt am 22.12.2008 um 23.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#13639

Man schaut freilich im Duden nach, Herr Ickler – aber damals in meiner Schulzeit gab es einen Duden im Schulsekretariat, und nun gibt es einen Duden pro Klasse. Das ist schon ein Unterschied. Wenn ich mir in einer Frage zur neuen Rechtschreibung unsicher bin, nehme ich mir durchaus dieses 300-Seiten-Konvolut vor – als .PDF. Beim Suchen hilft mir mein Computer, auf dem auch ein aktueller Duden wohnt, auf dem ich ebenfalls mit Rechnerhilfe recherchieren kann. Auch das ist ein Unterschied. Mein Rechner ist ein Notebook; wäre ich Lehrer, hätte ich heute mit Sicherheit ein Netbook und dieses immer dabei.

Ich möchte nicht, daß in meinen Texten ein Schreibfehler steckt; wenn doch, ist mir das peinlich. Mit dieser Ansicht bin ich Alteisen. Zumindest den Lehrern, denen mein Kind ausgesetzt ist, macht es nicht groß etwas aus, wenn z.B. in den Vorgabetexten ihrer Klassenarbeiten pro Satz ein Fehler steckt. Wird in der Schule plakatiert, wenn beispielsweise Schüler im Rahmen eines Schulfestes von Projekten berichten, starren die Plakate vor Fehlern. Ich als Lehrer würde solche Plakate nicht aufhängen lassen, zumal sie heute meist nicht geschrieben, sondern gedruckt werden, eine Textkorrektur somit recht einfach wäre. Weist man auf Schreibfehler hin, kommt immer wieder die gleiche Leier: "Solange man ahnen kann, was gemeint ist ..."

Grundsätzlich bin ich der Auffassung, daß Eltern möglichst mit dem Lehrer am gleichen Ende des gleichen Strangs ziehen und ihr Kind nicht bewußt in einen Zwiespalt stürzen sollten. Leider geht das nicht immer – und in letzter Konsequenz ist mir mein Kind lieber und auch wichtiger als der Lehrer, der womöglich am Schuljahresende wechselt. Ich muß im Moment beim Schulunterricht ärgerlich viel nachbessern (die Rechtschreibung ist da nur der allerkleinste Teil), aber ich tue es, weil ich es für mein Kind für wichtig halte.

Moderne Kinderbücher vorlesen zu müssen macht mir auch keinen Spaß. Zum Glück habe ich noch den "Jim Knopf" meiner Kinderzeit, den kann ich ohne Probleme vorlesen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.12.2008 um 17.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#13637

Frau Pfeiffer-Stolz hat den Nagel wieder einmal auf den Kopf getroffen. Auch ich komme viel mit Lehrern zusammen und habe noch keinen getroffen, der von den Regeln mehr als eine blasse Ahnung hat. Eigentlich sind die Lehrer angewiesen, sich entweder Druckfassungen (für viel Geld) zu kaufen oder sich die Regeln aus dem Internet herunterzuladen – was bei einem Konvolut von 300 Seiten an sich schon eine Zumutung ist. Die Urfassung von 1996 konnte gar nicht schnell genug in den Amtsblättern veröffentlicht werden, seither ist aber jedenfalls in Bayern keine weitere Fassung gedruckt worden. Das Ganze ist eben eine Peinlichkeit, auf die das Ministerium nicht auch noch eigens aufmerksam machen will.
Auch in der Schule hat Rechtschreibung nun diesen Beigeschmack. Man schlägt eben im Duden nach und läßt Gott einen guten Mann sein.

Die Schuldigen sind längst über alle Berge. Was macht eigentlich Frau Böhrk, was macht Frau Wolff, und was machen die anderen alle, deren Namen mir schon wieder entfallen sind? Frau Hohlmeier will ja mit Macht wieder nach oben (und zerstört ihre Partei noch weiter). Im oft genannten Sündenregister kommt die Durchsetzung der Rechtschreibreform nicht einmal vor. Diese Leute haben immerhin Milliardenschäden verursacht und Verheerungen in der Kultur unseres Landes angerichtet, aber die vielbeschworene Verantwortung ist wieder mal nur ein leeres Wort.
 
 

Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 22.12.2008 um 11.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#13636

Lieber Herr Langhans,
ich glaube nicht, daß sich die Lehrer für den jeweils "aktuellen Stand" der Rechtschreibung sonderlich interessieren. Die sind viel zu sehr damit beschäftigt, sich als (willige) Vollstrecker der ständigen Schulreformwut unserer Volksbeglücker einzuarbeiten. Viele Lehrer sind heute nichts anderes als Bildungsbürokraten. Man muß außerdem bedenken, daß die in der Schule benutzten Schriftstücke und Bücher ein wildes Durcheinander von Reformschriften, Hausorthographien oder musealen Resten der einst intakten klassischen Schreibweisen darstellen, so daß bald niemand mehr weiß, wie man was schreibt. Die dadurch erzeugte Unsicherheit wird durch scheinbare Toleranz (= Gleichgültigkeit) kaschiert – diese geht allerdings nicht so weit, ein "daß" ungeschoren davonkommen zu lassen. Der Zerfall schreitet unaufhaltsam vorwärts, und dies wird sich so lange nicht ändern, als nicht die klassische Rechtschreibung als Annäherungsziel und Ideal wieder zugelassen wird.
Rechnen Sie für die Schulzeit Ihres Sohnes mit Irritierendem und Ärgerlichem – eine schwierige Situation für Eltern, die einerseits ihrem Kind echte Bildung vermitteln wollen, es andererseits nicht einem unüberwindlichen Zwiespalt aussetzen möchten. Das Kind muß schließlich Vertrauen haben in die Lehrer, sonst kann es sich nicht mit den Zielen der Schule identifizieren.
 
 

Kommentar von Jürgen Langhans, verfaßt am 22.12.2008 um 11.00 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#13635

Da geht es mir ähnlich. Ich lese meinem 5jährigen Anton gerade Michael Endes Jim Knopf vor, und das ist keine Freude. Dort fehlen fast alle wichtigen Kommas, auch dort, wo sie seit geraumer Zeit eigentlich wieder gesetzt sein sollten. Nächstes Jahr kommt mein Junge in die Schule, und da muß ich ihm den ganzen Reform-Unfug auch noch beibringen.

Frage: Woher bekommen eigentlich die Lehrer jedesmal die tatsächlich aktuellen "neuen Regeln"?
 
 

Kommentar von Robert Roth, verfaßt am 21.12.2008 um 14.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1087#13633

Nicht nur solche Dinge sind ärgerlich. Das Schlimme daran ist, daß die von den "Reformern" angerichteten Schäden dauerhaft bleiben, auch wenn unsinnige Schreibweisen teilweise zurückgenommen wurden/werden. Normalsterbliche kaufen nicht ständig ein neues Wörterbuch. Man/frau (igitt, gestern so in einer Hochglanzbroschüre gelesen) sollte mal z.B. den Herrn Augst daraufhin examinieren, inwieweit er denn persönlich mit den gerade aktuellen RSR-Regeln vertraut ist.
 
 

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