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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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04.12.2008
 

Neun Prozent
Allensbach dokumentiert Ablehnung der Reform

Die Gesellschaft für deutsche Sprache in Verbindung mit dem Deutschen Sprachrat hat inzwischen die Allensbachuntersuchung vom April 2008 in einem besonderen Heft veröffentlicht.
Zur Rechtschreibreform äußern sich 55 % ablehnend, 9 % zustimmend und 31 % gleichgültig. Am höchsten war die Zustimmungsrate 2004 mit 13 %.
Das Heft ist wie die ganze Arbeit des Sprachrates vom Dudenverlag gesponsert.



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Kommentare zu »Neun Prozent«
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Kommentar von Tobias Bluhme, verfaßt am 18.12.2008 um 22.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1081#13630

Es scheint, einige verwechseln tatsächlich die Pressemitteilung von 2008-06-13, über deren Inhalt (und fehlerhafte Graphiken) schon vor einem knappen halben Jahr diskutiert wurde, mit der damals angekündigten und nunmehr erschienenen Broschüre (siehe 590#7428 von 2008-12-02).

Ich habe die Broschüre nunmehr vorliegen. Die besagte Graphik aus der Presseerklärung ist in der Broschüre in identischer Form abgedruckt – mit enthaltener Unstimmigkeit.
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 17.12.2008 um 02.31 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1081#13609

Studie:
"Die Rechtschreibkenntnisse der Bevölkerung jedenfalls haben sich in den letzten 20 Jahren nicht verschlechtert, [...]".

Das kann stimmen, weil man früher nicht auf die Bevölkerung (Säuglinge und Greise eingeschlossen) abhob, sondern auf die Schreibenden. Bisher wurden Schreibfertigkeiten soziologisch etwas differenzierter und zudem von des Deutschen halbwegs mächtigen betrachtet.
 
 

Kommentar von stefan strasser zu 13563, verfaßt am 10.12.2008 um 01.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1081#13566

HP der GfdS:
"Die Broschüre zur Studie wurde herausgegeben von: Prof. Dr. Rudolf Hoberg und Dr. Karin M. Eichhoff-Cyrus (Gesellschaft für deutsche Sprache) sowie Dr. Rüdiger Schulz (Institut für Demoskopie Allensbach); Dudenverlag, Gesellschaft für deutsche Sprache; Wiesbaden 2008."
Daher mein Bezug auf "Studie".

Über den Link "Auszug aus der Broschüre" kommt man dann zu der Seite mit den von mir kommentierten Textstellen. Von hier wiederum zu einem pdf-Dokument mit all den Grafiken.

Einen Eintrag 590#7428 vom 2008-12-02 konnte ich hingegen leider nicht finden.
 
 

Kommentar von Rolf E. Gerlach, verfaßt am 09.12.2008 um 02.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1081#13563

Es scheint, einige verwechseln tatsächlich die Pressemitteilung von 2008-06-13, über deren Inhalt (und fehlerhafte Graphiken) schon vor einem knappen halben Jahr diskutiert wurde, mit der damals angekündigten und nunmehr erschienenen Broschüre (siehe 590#7428 von 2008-12-02). Studie sollte man die Broschüre nicht nennen und die Pressemitteilung schon gleich gar nicht.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 08.12.2008 um 11.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1081#13561

Zur Grafik auf Seite 6 der Studie oben:
"Durch die Rechtschreibrform weiß man bei vielen Wörtern gar nicht mehr, wie sie richtig geschrieben werden."

Offenbar soll die Grafik aussagen, daß 79% dem zustimmen?

Verwirrend sind aber die zugehörigen Prozentwerte. Eine Möglichkeit wäre: 54% der 9% Befürworter sehen es so, weiters 87% der 55% Gegner und von den 31% Gleichgültigen auch noch 72%. Oder? Allerdings ergibt die Kontrollrechnung bei weitem keine 100%. Andereseits wären es in Summe 213%, wenn man die Werte addiert.

Die Gesamtzahl von Befürwortern, Gegnern und Gleichgültigen entwickelt sich ebenfalls eigenartig (Seite 6 unten):
1997 wurden noch 100% erreicht, 2002 nur mehr 99%, 2004 noch 96%, 2005 wieder 97% und 2008 waren es dann 95%, was wohl er jeweilige Rest für eine Einstellung hat?
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 08.12.2008 um 11.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1081#13560

Es ist wohl nicht zu sehr in's Blaue gesprochen, zu behaupten, daß die neun Prozent Reformbefürworter noch am wenigsten über die Reform wissen und sie mithin am schlechtesten anwenden können. Die ach so logische Heyse-Regel ist meist das einzige, das die Leute kennen.

Herr Strasser spricht an, daß es nichts über die Reform aussagt, daß die Menschen von der Reform nicht veränderte Wörter genauso gut schreiben können wie eh und je.
Als Referenz sagt das schon was aus. Wenn die Schreibfähigkeit bei diesen Wörtern seit zwanzig, dreißig Jahren stabil ist, bei den von der Reform betroffenen Wörtern aber schlechter geworden ist, muß man sagen, daß die Reform Schaden angerichtet hat.
Betonköpfe wie die in Bremen, die die Grund-Studie abgelehnt haben, ficht das nicht an; Vernünftige sehen das schon.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 08.12.2008 um 10.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1081#13559

Studie:
"Die Rechtschreibkenntnisse der Bevölkerung jedenfalls haben sich in den letzten 20 Jahren nicht verschlechtert, aber auch – trotz Explosion der höheren Bildungsabschlüsse in diesem Zeitraum – nicht verbessert. Wörter wie ‚Lebensstandard’ oder ‚Rhythmus’ konnte damals wie heute nur jeder Zweite bzw. knapp jeder Dritte korrekt schreiben."

Daß die Schreibfähigkeit von Einzelwörtern, die von der Reform nicht betroffen sind, etwa gleichblieb, sagt über die Auswirkungen der Reform nichts aus. Es hat statistische Bedeutung.

Wenn man unter "Rechtschreibkenntnisse der Bevölkerung" die Fähigkeit versteht, gemäß reformiertem Regelwerk zu schreiben, müßte man das auch testen. Die getätigte Aussage ist daher nicht nur völlig unbelegt, sondern auch irreführend.
 
 

Kommentar von Tobias Bluhme, verfaßt am 08.12.2008 um 09.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1081#13558

Die Broschüre des Deutschen Sprachrats kann hier heruntergeladen werden. (Herr Ickler, ist das die komplette Broschüre? Die Webseite spricht von einer "Pressemeldung".)

Auch in dieser Veröffentlichung fällt auf, daß der Graph, der den Anteil der Reform-Befürworter zeigt, gegenüber dem Vorjahr von 8% auf 9% abfällt. Ich kann mir nicht vorstellen, daß dieser Fehler immer noch niemandem aufgefallen ist. Die Frage bleibt also: Wurde die Zahl geschönt, um einen höheren Wert als im Vorjahr präsentieren zu können? Sind es eigentlich nur 7% Befürworter oder gar noch weniger?
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 06.12.2008 um 08.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1081#13550

Es darf angenommen werden, daß es sich bei den Befragten um Durchschnittspersonen handelt, also nicht um gut detailinformierte Fachleute. Daher die Vermutung, daß der Großteil der 9% ihre Zustimmung der neuen s-Schreibung wegen gibt, der grausige Reformrest dürfte dieser Gruppe, wenn überhaupt, bestenfalls rudimentär bekannt sein.
Interessant wäre ein Versuch, wieviel Prozent der Zustimmer tatsächlich in der Lage wären, Reformschrieb halbwegs regelwerkskonform zu schreiben.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 06.12.2008 um 04.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1081#13549

Zu den 31 Prozent "gleichgültig":
Daß Rechtschreibung nicht jeden Bürger kümmert, ist nachvollziehbar. Auch, daß man keine Lust hat, sich andauernd mit einem ätzenden Thema behelligt zu sehen; eine naheliegende Lösung ist, irgendwann auf Durchzug zu schalten und das lästige Thema zu ignorieren.

Zu den 9 Prozent "Zustimmung":
Wenn man bedenkt, welche ungeheure Propaganda fast ein Jahrzehnt lang unbeirrt zugunsten der Rechtschreibreform lief und welchen Unsinn über angebliche Vorteile oder die angebliche Notwendigkeit der Reform zum Beispiel alle möglichen Journalisten abgesondert haben, kann diese Zahl nicht niedriger sein. Einen Prozentsatz von Bürgern in dieser Größenordnung gibt es immer, die sich mit den Äußerungen irgendwelcher Parteien identifizieren oder die beispielsweise pauschal allem vertrauen, was in einer Zeitung wie der "Zeit" steht. In diesem Fall hatten und haben wir ja sogar eine Allparteienkoalition für die Reform (oder zumindest für ihre weitere Durchsetzung, nachdem sich herausgestellt hatte, daß die angeblichen Vorteile der Übung nicht existieren).

Fazit:
Wenn es die Propaganda zugunsten der Reform nicht gegeben hätte, wenn Politiker sich herausgehalten hätten und Journalisten gewissenhaft recherchieren würden, bevor sie ihre Meinung bilden und zum besten geben, hätten wir: null Prozent Zustimmung zur Rechtschreibreform und hundert Prozent Ablehnung. Oder meinetwegen ein Prozent Zustimmung. Ein paar Ideologen und Spinner gibt es immer.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 04.12.2008 um 23.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1081#13544

Eine gehässige – wenngleich natürlich völlig rhetorische – Frage ist, ob die Sprachhüter das Ergebnis des eigenen Scheiterns auch publiziert hätten, wenn es im April nicht sofort durch die Presse gegangen wäre. Es ist leider nicht geheimgeblieben und ließ sich somit schlecht unter den Teppich kehren.

Auch kann das Mannheimer Haus Wahnschrieb dieses Ergebnis nun nicht gut für die eigene Produktwerbung gebrauchen. Oder etwa doch? "9 Prozent wollen die Rechtschreibung nach DUDEN. Gehören auch Sie zu diesem erlauchten Kreis!" Oder: "Exklusivität hat ihren Preis: Schreiben auch Sie nach der teuersten Rechtschreibung aller Zeiten!"

Ein Hinweis für Mannheim: Im Falle einer Verwertung möchte ich für den einen wie den anderen Spruch eine Gewinnbeteiligung haben, die ich der FDS spenden würde. (Lieber Herr Lachenmann, verbuchen Sie mal lieber noch nichts.)
 
 

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