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26.07.2015
 

„Top 100 Rechtschreibfehler“
Rechtschreibung: sogenannt oder so genannt?

Viele Menschen stellen sich die Frage, ob das Adjektiv "sogenannt" als ein Wort oder doch getrennt geschrieben werden muss. Seit der im Jahr 2006 vollzogenen Rechtschreibreform, gelten nun beide Schreibweisen als korrekt.

(…)
Allerdings besteht zwischen den beiden Versionen auch ein deutlicher phonetischer Unterschied. Während bei "sogenannt" die Betonung eindeutig bei "so" liegt, wird bei "so genannt" die Silbe "-nannt" in der Aussprache hervorgehoben. Bei der Wahl der bevorzugten Variante kann man sich daher intuitiv auch daran orientieren, wie das Adjektiv im jeweiligen Kontext ausgesprochen werden sollte. Sprachversierte Menschen, die auf eine konsequente Rechtschreibung achten, sollten jedoch innerhalb eines Textes bei einer Schreibweise bleiben.

Grammatik:

Das Wort "sogenannt" stellt eigentlich die Partizip-Perfekt-Form des Verbs "nennen" dar, die hier als Adjektiv gebraucht wird und mit der Konjunktion "so" ein Wort oder Wortgefüge bildet. Solche Eigenschaftswörter können nach der neuen Rechtschreibung zusammen oder getrennt geschrieben werden. Das Partizip-Adjektiv "sogenannt" wird in der Regel auf andere gleichgestellte Adjektive abgestimmt flektiert. So muss es grammatikalisch richtig lauten: "Eine sogenannte (oder so genannte) rhetorische Frage" oder "Ein sogenanntes (oder so genanntes) magisches Quadrat". "Sogenannt" als ein Wort geschrieben ist jedoch orthografisch nur dann korrekt, wenn es eindeutig als Adjektiv, und nicht als Partizip verwendet wird. So heißt es zwar richtig: "Das sogenannte magische Quadrat", aber: "Das magische Quadrat wird wegen seiner besonderen mathematischen Eigenschaften so genannt."


Quelle: www.rechtschreibtipps.de
Link: http://www.rechtschreibtipps.de/sogenannt.php

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Kommentare zu »Rechtschreibung: sogenannt oder so genannt?«
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Kommentar von R. M., verfaßt am 05.10.2019 um 13.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=202#2028

Das nennt sich spelling pronunciation und kann sich ganz von allein ergeben. Aber es hat bestimmt auch schon Biologielehrer gegeben, die ihren Schülern erklärt haben, daß man Stengel jetzt anders ausspreche als früher.

 

Kommentar von Frank Daubner, verfaßt am 25.09.2019 um 09.08 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=202#2027

Etwa die Hälfte der Studenten sagt im Referat mittlerweile "der so genánnte ..." statt "der sógenannte ..." Lernt man das so in der Schule?

 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 10.08.2015 um 17.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=202#1587

Die Thorheit besteht bei „http://www.rechtschreibtipps.de/sogenannt.php“ doch gerade darin, daß auseinanderklamüsert wird, worin sich „sogenannt“ und „so genannt“ unterscheiden, und trotzdem beide Schreibungen als gleichberechtigt hingestellt werden. Das kommt davon, wenn man sich vom amtlichen Regelwerk vorschreiben läßt, was „richtig“ ist. (Herr Achenbach hat in einem anderen Zusammenhang [siehe hier] von „beschränktem Untertanenverstand“ gesprochen.)

 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 04.08.2015 um 10.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=202#1585

Für die DDR war es die so genannte DDR, für die BRD die sogenannte DDR; das war damals die political correctness. Ich vermute, daß das vergessen werden soll.

 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 04.08.2015 um 10.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=202#1584

Vielen Dank für diese Richtigstellung und die Beispiele, Herr Riemer!

 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 04.08.2015 um 02.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=202#1583

Daß das zusammen geschriebene sogenannt nur flektiert vorkommt, ist ein interessanter Gedanke, aber er stimmt nur, wenn es sich attributiv auf ein Substantiv bezieht. Aber Attribute können auch rein zu Adjektiven und Adverbien treten, und dann werden sie nicht flektiert:

Und aus der sogenannt bürgerlichen Gesellschaft, wäre aus ihr das Glück der Idyllenwelt verbannt?
(J. G. v. Herder, "Früchte aus den sogenannt goldenen Zeiten des achtzehnten Jahrhunderts")

Denn diese Betrauung würde die Entscheidungen, die auf den sogenannt "treuhänderisch" übertragenen Sachgebieten erforderlich werden, allein in die Hand der sogenannt "treuhänderisch" betrauten Landesstellen geben und also der Zuständigkeit der nach dem Grundgesetz zuständigen Länder entziehen. Das würde den ersten Schritt zur Bildung eines "Bundesstaates im Bundesstaate" bedeuten, bei dem das sogenannt "treuhänderisch" betraute Land in seiner Stellung als vermeintlicher "Treuhänder" den Zentralstaat verkörpern, hinsichtlich seiner übrigen Aufgaben als fast mit dem Zentralstaat real uniierter Gliedstaat auftreten würde. Das mag deutlich machen, daß die sogenannt "treuhänderische" Betrauung eines Landes mit Aufgaben der übrigen Länder grundgesetzwidrig ist: ...
(https://books.google.de, Hervorhebungen von mir)

 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 04.08.2015 um 00.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=202#1582

Um es (versuchsweise) mal auf folgenden Punkt zu bringen: Es ist zwar nicht alles, was zusammengeschrieben wird, auch ein einzelnes, einziges Wort (siehe z. B. gewisse Verbzusätze), aber was getrennt geschrieben wird, kann nicht ein einziges Wort sein, sondern ist eine Gruppe aus mehreren Wörtern.
(Stimmt das ganz allgemein? Wie ist es bei Namensschreibungen, z. B. bei Verlagen, die den regulär zu erwartenden Bindestrich weglassen [„Aufbau Verlag“ u. a.]?)

Damit ist klar: „sogenannt“ ist ein einziges Wort; es hat eine Bedeutung, die sich von der der Wortgruppe „so genannt“ unterscheidet. Daher kann „so genannt“ keine gleichberechtigte Schreibung das Wortes „sogenannt“ sein.

Ein weiterer Unterschied: „sogenannt“ kommt in dieser Form in Texten nicht vor, sondern nur flektiert („sogenannte“, „sogenannten“, „sogenannter“, „sogenanntes“), „so genannt“ dagegen schon.

 

Kommentar von MG, verfaßt am 03.08.2015 um 16.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=202#1581

> Die Erklärungen bei „http://www.rechtschreibtipps.de/sogenannt.php“ gehen für mich am Wesentlichen vorbei.

Dabei möchte diese Seite die Rechtschreibung doch besonders einfach machen (oder erklären) und schreibt dazu unten auf der genannten Seite:

"Rechschreibung <sic!> leicht gemacht!
Die korrekte Rechtschreibung, Grammatik oder Abkürzung einfach auf dem Portal von rechtschreibtipps.de nachschlagen und nie wieder einen Fehler machen!"

:-)

 

Kommentar von MG, verfaßt am 03.08.2015 um 15.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=202#1580

Der ursprüngliche Text des Regelwerks von 1996 enthält zweimal das Wort "sogenannt" – und zwar beidesmal zusammengeschrieben. Ich habe damals deswegen den Reformer Heller angeschrieben, der die Schreibungen als "Fehler" (der Reformer) bezeichnet hat und in Minutenfrist den Text des Regelwerks im Sinne der Reformer korrigiert hat.

 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.08.2015 um 14.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=202#1579

Ja, und das Verständnis, also die Bedeutung ist auch der Grund der unterschiedlichen Betonung, die als Indiz verwendet werden kann. Das Wort sógenannt kann meiner Ansicht nach gar nicht als Wortgruppe verstanden und dann getrennt geschrieben werden. Der starke Akzent auf dem ersten Teil könnte ja nur ein Kontrastakzent sein ("so und nicht anders genannt"?), und das wäre sinnlos.

 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 03.08.2015 um 09.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=202#1578

Die Erklärungen bei „http://www.rechtschreibtipps.de/sogenannt.php“ gehen für mich am Wesentlichen vorbei.

Zusammenschreibungen haben sich überwiegend dort gebildet, wo die Zusammenschreibung einen anderen Sinn hat als die Getrenntschreibung. Das gilt auch für sogenannt. Daher ist die Behauptung, „Bis zum Jahr 1996 galt nur die Zusammenschreibung als "sogenannt" als zulässig.“ falsch. Eine Getrenntschreibung so genannt gibt und gab es natürlich immer, nämlich dann, wenn es eben wörtlich so gemeint ist.

Dieses Prinzip gibt es vielfach, es kann aber nicht mit orthographischen Methoden gelöst werden, sondern nur mit Sprachverständnis. Nur wer das Verständnis hat, daß „wohl gemeint“ und „wohlgemeint“ unterschiedliche Bedeutung haben, kann und soll auch so schreiben. Und es gibt auch Fälle, wo zusammen oder getrennt gleichbedeutend möglich ist, aber auch das sagt nur das Sprachverständnis und nicht eine Orthographieregel. Ein Irrtum ist daher auch die Meinung, wenn in einem Wörterbuch eine Zusammenschreibung gelistet ist, gäbe es die entsprechende Getrenntschreibung gar nicht.

 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.08.2015 um 23.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=202#1577

Mich stört die ungenaue Formulierung "wenn es eindeutig als Adjektiv, und nicht als Partizip verwendet wird".

Abgesehen vom Kommafehler, Partizipien bleiben auch bei attributiver Verwendung ("als Adjektiv") Partizipien. Gemeint ist:
"Sogenannt" als ein Wort geschrieben ist jedoch orthografisch nur dann korrekt, wenn es eindeutig attributiv und nicht zur Bildung des Passivs oder einer zusammengesetzten Zeit verwendet wird.

 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.08.2015 um 11.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=202#1576

Schade, daß der amtliche Text nichts von diesen Unterscheidungen weiß! Das Regelwerk selbst gebraucht nur die Getrenntschreibung, wie sich die Reformer das ja auch von Anfang an gewünscht haben.

 

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